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Sanft oder streng? Die Debatte um die richtige Kindererziehung

In diesem Blogbeitrag wird die Wirkung verschiedener Erziehungsstile auf Kinder behandelt. Wie wirkt sich ein strenger Erziehungsstil auf die psychische Gesundheit des Kindes aus? Welche Folgen hat ein lockerer Erziehungsstil für das Kind? Worauf soll man bei der Erziehung achten? Auf diese Fragen wird in folgendem Beitrag eingegangen.

Sanft oder streng? Die Debatte um die richtige Kindererziehung

Die Debatte um die Erziehungsmethoden und -stile ist so alt wie die Menschheit selbst. In der heutigen Zeit scheint jedoch der Kontrast zwischen den traditionellen Ansätzen der Babyboomer-Generation und der moderner, individualistischer erzogenen Generation Z besonders stark zu sein. Auf Plattformen wie TikTok oder Instagram prallen täglich unterschiedliche Ansichten und Ratschläge aufeinander, wobei die einen auf Autorität und Respekt pochen, während die anderen die Bedeutung von Empathie und individueller Freiheit betonen. Doch wer hat recht? Ist der autoritäre Ansatz der Babyboomer wirklich der Schlüssel zur Entwicklung selbstbewusster Individuen, die sich in einer kompetitiven Gesellschaft behaupten können? Führt die sanfte, auf Selbstbestimmung basierende Erziehung der Generation Z zu einer Generation von sensiblen, unselbstständigen Personen? Die Frage, ob man einem Kind im Winter erlauben sollte, ein kurzärmeliges T-Shirt zu tragen, mag oberflächlich erscheinen, aber sie wirft einen tieferen Blick auf die grundlegenden Erziehungsprinzipien, die wir anwenden. In diesem Blogbeitrag werden wir genau diese beiden Erziehungsstile anhand wissenschaftlicher Studien miteinander vergleichen und beleuchten, um Antworten auf diese drängenden Fragen zu finden.

Was sagt die Wissenschaft zum Thema Erziehung?

Sämtliche Erfahrungen in der Kindheit prägen das Kind für sein restliches Leben. Dabei stellt die Erziehung einen zentralen Einflussfaktor auf die kindliche Entwicklung dar. Aus psychologischer Sicht werden verschiedene Erziehungsstile unterschieden. Diese Klassifizierung geht ursprünglich auf die Untersuchungen von Führungsstilen zurück, die von dem bedeutenden Sozialpsychologen Kurt Lewin durchgeführt wurden. Lewin erforschte den Einfluss unterschiedlicher Führungsstile auf Kinder im Labor (Lewin et al., 1939). Baumrind (1991) baut auf dessen Studien auf und erschließt drei Erziehungsstile, die auf Beobachtungen von Interaktionen zwischen Eltern und Kindern basierten. Dabei unterscheidet sie drei Hauptstile: den autoritativen, den autoritären und den permissiven Erziehungsstil.

Klassifikation von Erziehungsstilen aus der Forschung

In der Familienpsychologie werden heute in Anlehnung an Baumrinds Ansatz in der Regel vier elterliche Erziehungsstile unterschieden: der autoritative, autoritäre, permissiv-verwöhnende und zurückweisend-vernachlässigende Stil. Nach Liebenwein (2008) wird der demokratische Erziehungsstil als eine differenzierte Ausprägung des autoritativen Stils betrachtet. Die Erziehungsstile variieren in ihrer Ausprägung auf den Dimensionen Kontrolle und Wärme.

Erziehungsstile Tabelle
Kontrolle

Wärme

Hoch Mittel Niedrig
Hoch Autoritativ Demokratisch Permissiv-verwöhnend
Niedrig Autoritär Zurückweisend-vernachlässigend

Klassifikation von Erziehungsstilen

Der autoritative Stil

Der autoritative Erziehungsstil ist gekennzeichnet durch eine hohe ausgewogene Kombination aus Wärme und Kontrolle. Dies beinhaltet eine klare, aber nicht übermäßig einschränkende Überwachung des Lebensstils von Kindern, welche die Festlegung und Durchsetzung von Regeln einschließt. Diese Erziehungsform ist sowohl liebevoll und unterstützend als auch konsequent und strukturiert in der Festlegung von Grenzen. Eltern, die autoritativ erziehen, setzen sich einfühlsam mit den Bedürfnissen ihrer Kinder auseinander, geben rationale Erklärungen und fördern deren Persönlichkeitsentwicklung. Ab dem Vorschulalter wird der autoritative Erziehungsstil als optimale Form der Erziehung angesehen. Untersuchungen zeigen, dass Jugendliche, die auf diese Weise erzogen wurden, im Vergleich zu Gleichaltrigen, die autoritär oder nachlässig erzogen wurden, selbstbewusster, emotional stabiler, sozial kompetenter und leistungsfähiger sind (Steinberg, 2001).

Der demokratische Erziehungsstil hingegen zeichnet sich durch eine weniger ausgeprägte, unterstützende Kontrolle aus (im Vergleich zum hohen Maß beim autoritativen Stil). Hier liegt ein stärkerer Fokus auf gemeinsamen Entscheidungen und gegenseitigen Vereinbarungen, um die Autonomieentwicklung des Kindes stärker zu unterstützen.

Der autoritäre Stil

Im autoritären Erziehungsstil herrscht ein hohes Maß an Kontrolle, begleitet von einem Mangel an Empathie und Wärme seitens der Eltern. Die Kontrolle umfasst die Betonung konventioneller Werte und eine Ablehnung von Bestrebungen nach Unabhängigkeit seitens des Kindes. Kinder werden streng erzogen und es wird von ihnen erwartet, dass sie Regeln ohne Raum für Fragen oder Meinungsäußerungen befolgen. Die Kommunikation ist oft einseitig und von oben nach unten gerichtet, wobei die Eltern autoritär und dominierend auftreten. Es gibt wenig Raum für individuelle Entwicklung und Bedürfnisse. Eltern, die einen autoritären Erziehungsstil anwenden, legen oft Wert auf Status, zeigen wenig Bereitschaft zur Verhandlung und sind in ihrer Interaktion einschränkend. Die autoritäre Erziehung kann zahlreiche negative Auswirkungen haben und bietet nach heutigem Wissensstand kaum Vorteile, da sie kaum Möglichkeiten zur Selbstentfaltung bietet, was jedoch eine wichtige Entwicklungsaufgabe für heranwachsende Kinder ist. Dem Kind werden zwar Grenzen vermittelt, aber das emotionale Wohlbefinden des Kindes wird vernachlässigt. Dies kann dazu führen, dass Kinder Schwierigkeiten haben, ein solides Selbstwertgefühl zu entwickeln und gesunde Beziehungen zu anderen aufzubauen. Sie sind auch anfälliger für die Entwicklung psychischer Störungen und neigen eher zu aggressivem Verhalten, um Aufmerksamkeit zu erlangen. Wenn autoritäre Aspekte in der Erziehung genutzt werden, sollte darauf geachtet werden, dass sie stets das Wohl des Kindes im Blick haben (M., 2024).

Der permissiv-verwöhnende Stil

Der permissiv-verwöhnende Erziehungsstil ist durch ein geringes Maß an Kontrolle und ein hohes Maß an liebevoller Zuwendung und Wärme gekennzeichnet. In diesem Stil setzen Eltern wenige bis gar keine Regeln und gewähren ihren Kindern viel Freiheit und Autonomie. Das Hauptziel ist die Förderung einer starken emotionalen Bindung zum Kind durch einfühlsames Reagieren auf dessen Bedürfnisse. Besonders im Säuglings- und Kleinkindalter wird dieser Erziehungsstil als optimal angesehen. Kinder haben hier ausreichend Raum für kreative Freiheiten und werden ermutigt, ihre Eigeninitiative zu entfalten. Sie lernen, ihre eigenen Bedürfnisse zu erkennen und auszudrücken. Dennoch gibt es auch negative Auswirkungen. Das Fehlen von klaren Regeln erschwert oft die Anpassung an gesellschaftliche Normen, wie beispielsweise in der Schule oder im Berufsleben. Ebenso fehlt es diesen Kindern oft an Verständnis für die Gefühle anderer und sie hinterfragen selten ihre eigenen Handlungen, da sie nie gelernt haben, Rücksicht auf andere zu nehmen. Die fehlenden Strukturen können auch zu mangelnder Selbstständigkeit bei den Kindern führen (S., 2024).

Der zurückweisend-vernachlässigende Stil

Im zurückweisend-vernachlässigenden Erziehungsstil sind sowohl Kontrolle als auch liebevolle Zuwendung gering ausgeprägt. Eine allgemeine Gleichgültigkeit gegenüber dem Kind und seiner Entwicklung prägt dieses Erziehungsverhalten. Eltern zeigen kaum Interesse an den Bedürfnissen und Aktivitäten ihrer Kinder und können sowohl emotional als auch physisch abwesend sein. Dies kann dazu führen, dass Kinder sich zurückgewiesen und ungeliebt fühlen, da keine Bindung zwischen Eltern und Kind besteht. Die vernachlässigende Erziehung wird als die ungünstigste Form betrachtet und oft als eine Form der Kindesmisshandlung definiert, da sie schwerwiegende negative Auswirkungen hat. Kinder, die vernachlässigend erzogen werden, können Schwierigkeiten haben, gesunde Beziehungen aufzubauen und ein positives Selbstwertgefühl zu entwickeln. Sie neigen zu externalisierendem Problemverhalten wie Langzeitarbeitslosigkeit, Gewaltbereitschaft und Alkoholmissbrauch, sowie zu Depressionen und Gesundheitsstörungen (Liebenwein, 2008).

Sichere Bindung als Grundbasis für Erziehung

Bindung bezeichnet die enge emotionale Beziehung zwischen zwei Menschen, wobei eine sichere Bindung durch Sicherheit und Vertrauen in die Bezugsperson gekennzeichnet ist. Diese Bindungsentwicklung beginnt bereits im frühen Säuglingsalter und basiert auf den langjährigen Erfahrungen zahlreicher Interaktionen zwischen Kind und Bezugsperson. Die Qualität dieser Eltern-Kind-Bindung spielt eine entscheidende Rolle für die Erziehung und die weitere Entwicklung des Kindes. Forschungen haben gezeigt, dass bestimmte Schutzfaktoren die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass Kinder auch unter schwierigen Umständen eine gesunde Entwicklung durchlaufen können. Dazu gehören persönliche Merkmale wie Intelligenz und Temperament, aber vor allem die Qualität der frühkindlichen Eltern-Kind-Bindung. Sicher gebundene Kinder zeigen eine höhere Bereitschaft, sich an Regeln zu halten und sind offener für die Argumente ihrer Eltern. Die Bildung einer sicheren Bindung hängt vor allem von der Feinfühligkeit und Responsivität der primären Bezugsperson ab. Feinfühligkeit bedeutet, kindliche Signale angemessen wahrzunehmen und zu interpretieren, während Responsivität die Fähigkeit umfasst, adäquat auf diese Signale zu reagieren, ohne das Kind zu überfürsorglich oder zu vernachlässigend zu behandeln. Insgesamt sind Bindung und Erziehung zwei eng miteinander verbundene Aspekte der Eltern-Kind-Beziehung, die gemeinsam mit anderen Faktoren wie etwa der Qualität der elterlichen Paarbeziehung die Persönlichkeitsentwicklung des Kindes beeinflussen (Hock, 2008).

Die Vielschichtigkeit der Erziehung: Forschungsperspektive zur Eltern-Kind-Beziehung

Im Fokus der Forschung stehen Fragen zur Art der Beziehung zwischen einem aktiven Erzieher und einem ebenso aktiv gestaltenden, initiativen Kind, sowie deren Interaktionen und gegenseitige Beeinflussungen. Schon früh beginnen Kinder, Einfluss auf das Verhalten ihrer Eltern zu nehmen und aktiv an ihrer eigenen Entwicklung mitzuwirken. Obwohl der Erziehungsstil der Eltern relevant ist, ist er nicht die alleinige Determinante für die Persönlichkeitsentwicklung des Kindes. Der elterliche Erziehungsstil ist lediglich einer von vielen Faktoren. Erziehung wird als ein komplexes Konstrukt verstanden, das durch verschiedene Faktoren beeinflusst wird und gegenseitige Wechselwirkungen aufweist, an denen sowohl Eltern als auch Kinder beteiligt sind. Die soziale Umwelt in all ihren Facetten spielt dabei eine wichtige Rolle. Dennoch ist elterliche Erziehungskompetenz von Bedeutung, da eine förderliche Erziehung, die auf Achtung, Liebe und Struktur basiert, die Entwicklung einer positiven Selbstwirksamkeit und Persönlichkeitsentwicklung unterstützt (Tschöpe-Schejfler, 2005).

Autoritative, entwicklungsfördernde Erziehung als Maßstab

Wissenschaftlich gut belegt ist die förderliche Wirkung einer autoritativen, positiven und involvierten Erziehung, die das Kind in seinen Aktivitäten unterstützt. Studien zeigen, dass Kinder von sensitiven und anregenden Müttern höhere vorschulische Fähigkeiten, besser ausgeprägte soziale Kompetenzen und weniger Verhaltensprobleme aufweisen. Im Gegensatz dazu stehen Inkonsistenz und restriktive Erziehungsmethoden wie die autoritäre Erziehung, die mit problematischen Verhaltensweisen wie emotionalen Auffälligkeiten und aggressivem Verhalten in Verbindung gebracht werden. Eine autoritative Erziehung, die auf adaptiver, positiver Autorität, angemessener Förderung und transparenten Regeln basiert, stellt demnach eine entwicklungsfördernde Erziehungsform dar (Dette-Hagenmeyer & Reichle, 2019).

Eine Mutter teilt ein freudiges High-Five mit ihrem Baby.

Generationenprägung und Erziehungsstile: Ein Blick auf Boomer und Gen Z

Eine Generation ist eine Altersgruppe, die durch historische oder kulturelle Ereignisse in der Kindheit oder Jugend eine ähnliche Prägung erfahren haben. In welcher Generation man geboren wird und in welcher sozialen Umwelt man lebt, hat einen nennenswerten Einfluss auf die ausgeübten Erziehungspraktiken. Gerade die Boomergeneration und die Gen Z stoßen häufig aufeinander, wenn es um Erziehungsthemen geht.

In der Vergangenheit gaben Eltern ihren Kindern nicht alles, was sie wollten, sondern nur das, was sie brauchten. Sie verteidigten ihre Kinder nicht um jeden Preis, sondern waren die ersten, die mit ihnen schimpften, wenn sie Fehler machten. Ich höre oft, dass die Eltern der Vergangenheit zu "streng" waren, aber ich nenne das nicht "streng", ich nenne das Erziehung.
Ein Repost einer Frau zum Thema Erziehung.
Ein Kommentar einer Frau zum Thema Erziehung.

Hauptmerkmale der Generation Babyboomer (1956 - 1965)

Die Generation der Babyboomer umfasst jene Menschen, die in den Jahren des "Babybooms" nach dem Zweiten Weltkrieg geboren wurden, als die Geburtenraten signifikant anstiegen. Dieser Anstieg setzte sich fort, bis die Einführung der Anti-Baby-Pille Mitte der 1960er Jahre zu einer Abnahme der Geburtenrate führte. Geprägt wurde die Erziehung der Babyboomer von der Generation der Traditionalisten (1922–1955), die ein traditionelles Familienmodell mit klaren Hierarchien und Ordnung favorisierten. Die wirtschaftlichen Möglichkeiten des Nachkriegsbooms eröffneten den Babyboomern jedoch neue Perspektiven, wie Chance zu einer breiteren Bildung durch zugängliche Universitäten und das Bestreben von Frauen, in die Arbeitswelt einzutreten. Diese Generation war von großer Hoffnung auf eine bessere Zukunft und einem starken Arbeitsethos geprägt, wobei sich viele stark mit ihrer Arbeit identifizierten. Der Begriff "Workaholic" hat hier gar seinen Ursprung (Knebel & Mihovilovic; ibau Redaktion; Generation XYZ – Eine Übersicht der Merkmale und Touchpoints).

Hauptmerkmale der Generation Z (1995 – 2009)

Die Generation Z umfasst diejenigen, die mit dem Aufkommen des digitalen Zeitalters aufgewachsen und daher auch als "Digital Natives" bekannt sind. Für sie sind soziale Medien wie TikTok, YouTube und Instagram ein integraler Bestandteil des Alltags, was sie technisch versierter macht als frühere Generationen. Durch die digitale Vernetzung und damit einhergehender massiver Informationsflut an Nachrichten strebt die Gen Z an die Welt zu verbessern, blickt aber weniger optimistisch in die Zukunft.  Aktuell tritt sie verstärkt in den Arbeitsmarkt ein, wobei für sie eine klare Trennung zwischen Arbeit und Freizeit sowie eine ausgeglichene Work-Life-Balance von großer Bedeutung sind. Die persönliche Entfaltung, mentale Gesundheit und Umweltschutz hat für diese Generation einen hohen Stellenwert (Knebel & Mihovilovic, 2017; ibau Redaktion, 2020; Generation XYZ – Eine Übersicht der Merkmale und Touchpoints, 2016).

Generationale Unterschiede in der Erziehung

Erziehungsstile können nicht ausschließlich einer bestimmten Generation zugeordnet werden. Allerdings gibt es gewisse Trends und Unterschiede in den Erziehungsansätzen der beiden Generationen. In den sozialen Medien und auf diversen Blogseiten diskutiert finden sich verschiedenste populäre Bezeichnungen für gewisse Erziehungsstile wie Helikopter-Parenting und Rasenmäher-Eltern (Fischer, 2022).

Vergiss Helikopter-Eltern. Jetzt sind Rasenmäher-, Flugzeug- und Delfin-Mamis- und Papis da. Du verstehst nur Bahnhof? Ging mir genauso. Mit diesem Nachschlagewerk weißt du ab sofort Bescheid. „Rasenmäher-Eltern“ stand da in einem Online-Beitrag von mir geschrieben. Meine Augen stoppten abrupt bei dem Wort. Ra-sen-mä-her-El-tern?! Was zum Geier bedeutet das?
Beispiel für einen Blog zu modernen Erziehungsbegriffen (Fischer, 2022)

Autoritärer Erziehungsstil der Boomer

Babyboomer-Eltern neigen oft zu einem eher autoritären Erziehungsstil, der geprägt ist von Wertvorstellungen wie Respekt, Autorität und traditionellen Normen, die sie aus der eigens erfahrenen Erziehung mitgenommen haben. Dieser Erziehungsstil wird typischerweise als charakteristisch für die Babyboomer-Generation angesehen. Obwohl einige Babyboomer sich von den Erziehungsmethoden ihrer eigenen Eltern distanzierten und enge Beziehungen zu ihren Kindern pflegten – was im Spezialfall zu einem Phänomen namens Helikopter-Parenting führte - folgten die meisten den Erziehungsansichten, die sie selbst erfahren hatten, oft unter dem Leitsatz "Uns hat es auch nicht geschadet" (Wohlfarth, 2023; Taraba, 2023).

Helikoptereltern dahingegen sind für ihren überbehütenden Erziehungsstil bekannt, der von ständiger Überwachung und Einmischung geprägt ist. Der Begriff leitet sich von der Metapher eines Hubschraubers ab, da diese Eltern figurativ über ihren Kindern schweben, um sie vor vermeintlichen Gefahren zu schützen. Diese intensive Kontrolle erstreckt sich über alle Lebensbereiche ihrer Kinder. Obwohl autoritäre Erzieher tendenziell eher zum Helikopterstil neigen, gibt es deutliche Unterschiede zwischen beiden. Während autoritäre Eltern mehr Wert auf Disziplin und Gehorsam legen, neigen Helikoptereltern dazu, ihre Kinder vor jeglichen Schwierigkeiten und Fehlern zu bewahren, oft auf Kosten ihrer Autonomie und Selbstständigkeit (Autoritäre Eltern neigen besonders zum "Helikoptern", 2016; Lordneo, 2021).

Rasenmäher-Eltern der GenZ

Rasenmäher-Eltern stellen eine weitere Intensivierung des Helikopter-Elternstils dar. Diese Eltern sind bestrebt, potenzielle Hindernisse, die ihren Kindern im Weg stehen könnten, buchstäblich "wegzumähen", um sicherzustellen, dass ihre Kinder reibungslos und ohne Schwierigkeiten ihre Ziele erreichen können. Sie könnten etwa wichtige Hausaufgaben für ihre Kinder erledigen. Allerdings wird dadurch den Kindern die Möglichkeit genommen, eigene Problemlösungsstrategien zu entwickeln. Oft sind sich die Eltern dieser Folgen nicht bewusst, da sie ihre Kinder aus guten Absichten heraus umfassend unterstützen und deren Erfolg sicherstellen möchten. Dieser Erziehungsstil wird vor allem mit der Generation Z in Verbindung gebracht (Theresa, 2021). Die Art der Erziehung kann zahlreiche Auswirkungen auf das Kind haben. Wenn Eltern alle Entscheidungen für ihre Kinder treffen, besteht die Gefahr, dass diese nicht lernen, eigenständig zu entscheiden. Dadurch könnten sie später Schwierigkeiten haben, wichtige Entscheidungen zu treffen, wie zum Beispiel bezüglich ihrer Wohnsituation oder beruflichen Entwicklung. Zudem kann das ständige Einmischen der Eltern dazu führen, dass Kinder Schwierigkeiten haben, ihre eigene Identität zu entwickeln und sich ihrer eigenen Bedürfnisse bewusst zu werden. Studien zeigen auch, dass übermäßige elterliche Einmischung das Risiko von Angstzuständen bei Kindern erhöhen kann, die bis ins Erwachsenenalter anhalten können. Kinder, deren Probleme ständig von ihren Eltern gelöst werden, entwickeln möglicherweise keine eigenen Bewältigungsstrategien und haben daher eine geringere Stressresistenz. Darüber hinaus ist eine gewisse Menge an Stress wichtig für die gesunde Gehirnentwicklung von Kindern, und das Abschirmen von Schwierigkeiten kann zu sozialen und intellektuellen Defiziten führen. Kinder, die von Rasenmäher-Eltern erzogen werden, könnten auch dazu neigen, eine Erwartungshaltung zu entwickeln, dass ihnen alles zusteht, was zu einer ausgeprägten Anspruchshaltung führen kann. Die Unfähigkeit, Konflikte eigenständig zu lösen, sowie ein Mangel an Mitgefühl und Empathie können ebenfalls Folgen dieser Erziehungsform sein. Schließlich könnten Kinder, die nie gelernt haben, mit Problemen umzugehen, sich später machtlos und hilflos fühlen (Gillis, 2023).

Gerade Leute, die autoritär erzogen wurden, äußern oft starke Kritik an dieser Art von Erziehung. Sie meinen, das würde zu einer Generation an verweichlichten, unselbstständigen Erwachsenen führen.

Heutzutage darf man ja nicht mal einen klapps aufs Füdli geben. Da wird man schon als gewalttätig gestuft. Früher hat man ein paar an die Fr…bekommen und hatten gegenüber andere trotzdem Respekt. Heute mit dem ganzen Blödsinn von Selbstbestimmung und Antiautoritäre Erziehung hat die heutige Jugend respektloser gemacht !! Die kleinsten rufen dir schon A…L…usw..nach. das gabst früher nicht !!
Tja, da zeigt sich die „Nicht“ Erziehung. Keinerlei Bezug zu Pflichtbewusstsein u entsprechender Honorierung … ich will .. sonst nix .. passt doch in die jetzige Zeit … also, freut euch auf die kommenden Jahre
Weitere Kommentare zum Thema Erziehung

Die richtige Balance finden: Erkenntnisse und Empfehlungen aus der Wissenschaft

Aus wissenschaftlichen Erkenntnissen wird deutlich, dass weder ein zu strenger noch ein zu unterstützender Erziehungsstil allein eine optimale Förderung der kindlichen Entwicklung gewährleistet. Vielmehr ist es entscheidend, dass das Kind sowohl Möglichkeiten zur persönlichen Entfaltung und eigenständigen Bewältigung von Problemen hat als auch klare Grenzen gesetzt bekommt und Strukturen vermittelt werden, die es auf ein eigenständiges Leben in der Gesellschaft vorbereiten. Dabei ist es von essenzieller Bedeutung, die richtige Balance zwischen der Gewährleistung von Autonomie und der Einhaltung von Regeln zu finden (Dette-Hagenmeyer & Reichle, 2019).

Eine zu strenge autoritäre Erziehung sowie eine überbehütende Rasenmäher-Erziehung führen nicht zu optimalen Entwicklungsvoraussetzungen. Stattdessen ist eine entgegenkommende, autoritative Erziehung zu empfehlen. Diese Form des Erziehungsstils zeichnet sich durch eine ausgewogene Kombination aus Autonomieförderung und elterlicher Führung aus.

Die richtige Balance hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter das Alter und die Reife des Kindes, seine individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten, kulturelle und familiäre Werte sowie die aktuellen Lebensumstände. Flexibilität seitens der Eltern ist entscheidend, um ihre Erziehungsstrategien entsprechend anzupassen und den Bedürfnissen ihres Kindes gerecht zu werden, um so eine gesunde Entwicklung zu fördern.

Erziehung ist letztendlich ein kontinuierlicher Prozess, in dem Eltern ihre Kinder dabei unterstützen, allmählich mehr Verantwortung zu übernehmen und ihre Autonomie schrittweise zu erweitern. Dabei stehen sie als unterstützende und einfühlsame Begleiter zur Verfügung.

Sollten Eltern unsicher bezüglich ihrer Erziehungskompetenz sein oder Schwierigkeiten haben, besteht die Möglichkeit, psychotherapeutische Unterstützung aufzusuchen, in der geeignete Kompetenzen für die individuelle Familiensituation vermittelt werden.

Fazit

In diesem Blogbeitrag wurden Erziehungsstile für die kindliche Entwicklung untersucht. Dabei wurden die autoritative, autoritäre, permissive und vernachlässigende Erziehung näher betrachtet sowie moderne Phänomene wie die Helikopter- und Rasenmäher-Elternschaft diskutiert.

Es wurde deutlich, dass ein ausgewogener, adaptiver Erziehungsstil, der auf Autonomieförderung und klaren Grenzen basiert, die beste Grundlage für eine gesunde Entwicklung des Kindes bildet. Die Forschung zeigt, dass weder zu strenge noch zu nachgiebige Erziehungsmethoden optimale Ergebnisse erzielen. Vielmehr ist es entscheidend, eine Balance zwischen Unterstützung und Führung zu finden, die den individuellen Bedürfnissen und Fähigkeiten des Kindes gerecht wird.

Ein wichtiger Aspekt ist auch die Rolle der Eltern-Kind-Bindung, die durch Feinfühligkeit und Responsivität geprägt sein sollte. Diese enge Beziehung bildet das Fundament für das Selbstvertrauen und die Selbstregulation des Kindes.

Abschließend lässt sich sagen, dass Erziehung ein dynamischer Prozess ist, der kontinuierliche Anpassungen erfordert. Eltern sollten sich bewusst sein, dass es keine Einheitslösung gibt, sondern dass sie ihre Erziehungsstrategien flexibel gestalten müssen, um den Bedürfnissen ihrer Kinder gerecht zu werden. Letztendlich liegt es in der Verantwortung der Eltern, eine unterstützende und fördernde Umgebung zu schaffen, in der ihre Kinder zu eigenständigen, einfühlsamen und verantwortungsbewussten Individuen heranwachsen können.

Quellenverzeichnis

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Wohlfarth, I. (2023, 03. April). „Kinder haben Kriegseindrücke und Verluste der Eltern gespürt“. Kölner Stadt-Anzeiger. https://www.ksta.de/ratgeber/familie/babyboomer-wie-die-kinder-der-nachkriegszeit-erzogen-wurden-346136

Zeit für Veränderung

Reißen wir die Mauern des Schweigens gemeinsam ein und schaffen eine inklusive Gesellschaft, in der psychische und physische Erkrankungen gleichermaßen akzeptiert und unterstützt werden.

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