Blog

Was tun bei Prüfungsangst?

Wer kennt es nicht? Die Prüfungen in der Schule oder im Studium stehen wieder einmal an und man merkt schon die innere Anspannung, die Nervosität und das Herzrasen. Kaum jemand geht vollkommen gelassen in eine Prüfungssituation, etwas Aufregung ist hier völlig normal. Was aber, wenn die Prüfungsvorbereitung jedes Mal mit starken Ängsten verbunden ist und man sich am liebsten für die Prüfung krankmelden möchte oder sogar überlegt, sein Studium abzubrechen? In diesem Blogbeitrag informieren wir dich darüber, wie es zur Prüfungsangst kommt und noch viel wichtiger, wie du deine Prüfungsangst überwinden kannst.

Was tun bei Prüfungsangst?

Definition – Was ist Prüfungsangst?

Bei der Prüfungsangst handelt es sich um eine spezifische Form der Leistungsangst, bei der eine Person in einer Prüfungssituation, aber auch bereits bei der Prüfungsvorbereitung ein großes Ausmaß an Sorge, physiologischer Erregung, mentaler Desorganisation und unkontrollierbaren Gedanken erlebt (Holodynski, 2021). Bei diesen Symptomen handelt es sich um den körperlichen Stress, den Menschen erleben, wenn sie sich in einer Situation befinden, in der sie evaluiert werden (Jirjees et al., 2024).

Die Betroffenen haben dabei die Befürchtung, den Anforderungen der Prüfung nicht zu genügen und zu versagen. Meistens tritt Prüfungsangst im schulischen oder universitären Kontext auf, kann sich aber auch bei Konzerten, Vorstellungsgesprächen oder bei der Prüfung für den Führerschein manifestieren (Holodynski, 2021).

Ursachen

Forschungen sind sich einig, dass ein Wechselspiel von verschiedenen Ursachen für das Auftreten von Prüfungsangst verantwortlich ist. Zu diesen Ursachen gehören:

Misserfolgserwartungen

Negative Erwartungen können die Konzentration bereits beim Lernen beeinträchtigen, da die bloßen Gedanken daran, bei einer Prüfung zu versagen, stark ablenken können. Wenn man sich immer wieder einredet, man sei unfähig, die Prüfung zu bestehen oder man wäre nicht gut genug, programmiert man sich selbst auf Misserfolg und erhöht somit die Wahrscheinlichkeit zu versagen. Solche „sich selbst erfüllende Prophezeiungen“ schaden also nicht nur dem Selbstbewusstsein, sondern verhindern auch Höchstleistungen (Psychologische Studierendenberatung, o. D.).

Negative Erfahrungen

Eng mit dem vorherigen Punkt zusammenhängend, können frühere Misserfolge, ungerechte Behandlungen durch Lehrende oder mangelnde Vorbereitung in der Vergangenheit dazu führen, dass Prüfungen als negativer empfunden werden und Misserfolgserwartungen und das Auftreten von Angst begünstigen (Merkle & Wolf, 2021).

Erziehungsstil der Eltern

Eltern mit hohen Erwartungen können Prüfungsangst bei Kindern fördern, da sie oft Perfektionismus und Angst vor Fehlern auslösen. Negative Erziehungsstile wie Überprotektion oder Strenge verstärken hingegen das Risiko für Prüfungsangst. Ein unterstützender und verständnisvoller Erziehungsstil hilft, Prüfungsangst zu reduzieren, indem er Sicherheit und Selbstvertrauen stärkt (Wang & Xianglian, 2024).

Gesellschaftlicher Leistungsdruck

In unserer Gesellschaft wird oft die Botschaft vermittelt, dass Erfolg und Leistung enorm wichtig für ein glückliches Leben seien. Je mehr berufliche und schulische Erfolge man hat, desto wertvoller ist man als Mensch. Diese Art zu denken, kann den Druck in Prüfungssituationen stark erhöhen (Merkle & Wolf, 2021).

Schlechte Lernstrategien

Wenn man nie gelernt hat, wie man sich richtig und effizient auf Prüfungen vorbereitet, kann das den Druck und die Angst stark erhöhen. Je schlechter die Lernstrategien, desto größer die Anspannung in Bezug auf die anstehende Klausur (Kuechenmeister, 2021).

Fehlende Stressbewältigungsmethoden

Ähnlich ist es mit den fehlenden Stressbewältigungsmethoden. Die Vorbereitung auf Prüfungen, aber auch die Situation der Prüfung selbst, ist mit einer großen Menge an Stress verbunden. Ohne die nötigen Coping-Methoden kann dieser Stress nicht verarbeitet werden und führt zu Angst (Kuechenmeister, 2021).

Symptome von Prüfungsangst

Prüfungsangst kann sich auf körperlicher, emotionaler, kognitiver und Verhaltensebene manifestieren. Die Symptome können dabei von leichter Nervosität bis zu „Blackouts“ bei extremem Prüfungsstress variieren. Zu den häufigsten Symptomen gehören:

(AOK Gesundheitsmagazin, 2020)

Wie kann man seine Prüfungsangst überwinden?

Tipp 1: Prüfungsvorbereitung

Da Prüfungsangst oft bereits vor der eigentlichen Vorbereitung auf die Prüfung entsteht, ist eine effektive Vorbereitung das A und O. Je besser man die Inhalte beherrscht, desto sicherer fühlt man sich und desto entspannter geht man in die Prüfung.

Ein riesiger Berg an Lernstoff kann einen schnell überfordern und zu Verzweiflung und Angst führen. Daher ist es gut, sich bereits vorher einen Lernplan zu überlegen, in welchem man die Lernziele und den Zeitplan festhält (AOK Gesundheitsmagazin, 2020; Barmer Internetredaktion, 2024).

Tipp 2: Lass dich nicht von deinen Peers verunsichern

Jeder kennt es: Man unterhält sich mit Bekannten über die bevorstehenden Prüfungen und bekommt immer mehr das Gefühl, dass alle anderen bereits viel besser vorbereitet sind. Solche Vergleiche bringen wenig, da jeder in einem unterschiedlichen Tempo lernt und auch unterschiedliche Lernstrategien verwendet. Solche Gespräche verunsichern einen nur und sollten deshalb vermieden werden (AOK Gesundheitsmagazin). Der regelmäßige Austausch in einer Lerngruppe kann hingegen vermindernd auf die Prüfungsangst wirken, weil durch gegenseitiges Erklären Lücken im Lernstoff geschlossen werden.

Tipp 3: Vermeide Katastrophendenken

„Was, wenn ich die Prüfung nicht schaffe? Was soll ich dann nur machen? Das wäre der Weltuntergang!“ Solche Gedanken verursachen nur Stresssymptome und bringen nichts. Natürlich kann man mit Aussagen wie, „Denk positive!“, oder „Das wird schon!“ in solchen Situationen nicht viel anfangen. Trotzdem kann es helfen, sich daran zu erinnern, dass das Durchfallen bei einer Prüfung nicht das Ende der Welt ist. Es kann helfen, sich selbst Mut zu machen und sich daran zu erinnern, dass man gut vorbereitet ist und die Prüfung im Worst-Case-Szenario in den meisten Fällen beim nächsten Termin wiederholen kann (AOK Gesundheitsmagazin, 2020; Winkel, 2024).

Tipp 4: Pausen!

Auch wenn man oft davon ausgeht, dass man jetzt in der Prüfungsvorbereitung so gar keine Zeit dafür hat, sollten unbedingt regelmäßige kurze Pausen eingeplant werden. Ein kurzer Spaziergang mit Freunden oder der Familie oder eine Folge der Lieblingsserie können dabei helfen, kurz etwas abzuschalten und die mentalen Ressourcen wieder aufzuladen. Dann fällt das weitere Lernen auch gleich viel leichter (AOK Gesundheitsmagazin, 2020).

Tipp 5: Progressive Muskelentspannung

Bei dieser Technik werden nacheinander bestimmte Muskelgruppen angespannt und dann lockergelassen. Die Idee dahinter ist es, sich ganz auf den Körper und die Entspannung zu konzentrieren. Das Erlernen dieser Technik kann zwar einige Wochen dauern, aber, wenn man sie einmal beherrscht, kann sie dabei helfen, sich in Angst-Situationen schnell zu entspannen (Barmer Internetredaktion, 2024; Winkel, 2024).

Tipp 6: Brainfood

Da das Gehirn beim Lernen extrem viel Energie verbraucht, ist es umso wichtiger, dass in diesem Zeitraum auf die Ernährung geachtet wird. Nahrungsmittel wie Vollkornprodukte, Obst und Gemüse sind dabei besonders effektiv, vor allem auch weil sie schnell angerichtet sind. Fettige und zuckerhaltige Nahrungsmittel sollten vermieden werden, da sie für einen starken Abfall der Leistungsfähigkeit beim Lernen sorgen. Besonders wichtig ist auch, dass genügend Wasser getrunken wird (Kilian, 2018).

Tipp 7: Was tun bei einem Blackout

Im schlimmsten Fall kommt es bei einer Prüfung wirklich zum Blackout. Aber das ist nicht das Ende der Welt. Wenn es sich um eine mündliche Prüfung handelt, holt man zweimal tief Luft und schildert dann dem Prüfer ehrlich die Situation – meist gibt es dafür Verständnis. Am besten fragt man, ob die Frage wiederholt werden kann oder ob sie am Ende der Prüfung beantwortet werden kann. Bei schriftlichen Prüfungen hilft es, wenn man zur nächsten Frage vorspringt und sich die Frage ebenfalls bis zum Schluss aufhebt (AOK Gesundheitsmagazin, 2020).

Tipp 8: Tief durchatmen

Atemtechniken können dabei helfen, Stress zu reduzieren. Wenn man gestresst ist, atmet man schneller und flacher, was die Wahrnehmung von Stress verstärken kann. Durch bewusstes Atmen kann man sich gezielt beruhigen. Indem man beim Einatmen bis 3 und beim Ausatmen bis 4 zählt, kann man sich innerhalb weniger Atemzüge entspannen.

Eine beliebte Methode, die über eine bloße Atemübung hinausgeht, ist die 5-4-3-2-1-Methode. Man atmet dabei ein paar Mal tief ein und aus und lenkt dann den Fokus gezielt auf das Hier und Jetzt, indem man in Gedanken verschiedene Dinge aufzählt:

  • Fünf Sachen, die man sehen kann
  • Vier Sachen, die man fühlen kann
  • Drei Sachen, die man hören kann
  • Zwei Sachen, die man riechen kann
  • Eine Sache, die man schmecken kann

(Winkel, 2024)

Therapie bei Prüfungsangst

Prüfungsangst kann bei manchen Betroffenen aber auch so starke Symptome auslösen, dass die oben genannten Tipps kaum bis gar nicht helfen. In solchen Extremfällen kann eine Therapie Abhilfe verschaffen.

Wie bei anderen Angststörungen wird hier oft auf die kognitive Verhaltenstherapie (KVT) zurückgegriffen. Im Laufe der Behandlung erfahren Betroffene, was ihre Angst ist, wie und warum die Angst entstanden ist. Da die KVT individuell auf die Prüfungsangst angepasst werden kann, können effektive Techniken angewandt werden, mit denen die Angst bald der Vergangenheit angehört.

Wichtig dabei ist die aktive Mitarbeit der Patient:innen. Indem die erlernten Techniken regelmäßig geübt werden, fallen sie einem von Mal zu Mal leichter. Zu den Techniken gehören zum Beispiel körperliche Beruhigungstechniken, mentale Strategien und Verhaltensübungen. In vielen Fällen kann bereits nach ein paar Sitzungen eine Verbesserung bemerkt werden (Putwain & Von der Embse, 2020).

Medikamente bei Prüfungsangst

Bei sehr starken Symptomen kann auch auf Medikamente zurückgegriffen werden. Aber das sollte vorher unbedingt mit einem Arzt oder einer Ärztin besprochen werden. Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten:

Phytopharmaka

Hier handelt es sich um pflanzliche Heilmittel, die eine nachgewiesene Wirksamkeit besitzen (Elmer, 2023). Besonders beliebt ist Baldrian, eine Pflanze, deren Heilkraft hauptsächlich im ätherischen Öl des Wurzelstocks steckt (Steinbach, 2022). Es muss jedoch beachtet werden, dass pflanzliche Heilmittel weniger wirksam sind als andere und oft erst nach zwei bis vier Wochen ihre volle Wirkung entfalten (Elmer, 2023).

Benzodiazepine

Für stärkere Medikamente, wie Benzodiazepine, wird ein ärztliches Rezept benötigt, da sie gezielt auf GABA-Rezeptoren im Gehirn wirken, um Angst zu reduzieren. Allerdings können Nebenwirkungen wie Müdigkeit, Muskelschwäche und Abhängigkeit auftreten. Daher sollten sie nur kurzfristig und niedrig dosiert angewendet werden (Elmer, 2023).

Betablocker

Betablocker blockieren Beta-Rezeptoren, die normalerweise aktivierend wirken, und verhindern so körperliche Symptome von Angst wie einen schnellen Herzschlag. Sie wirken peripher, zum Beispiel am Herzen, und mindern die Gefühle von Aufregung und innerem Stress. Allerdings haben sie Nebenwirkungen und sind für Menschen mit Asthma oder Diabetes ungeeignet (Elmer, 2023).

Fazit

Bei Prüfungsangst handelt es sich um eine Form der Leistungsangst, die durch mentale, körperliche und emotionale Symptome geprägt ist. Sie kann durch verschiedene Ursachen wie Misserfolgserwartungen, negative Erfahrungen, hohen Leistungsdruck und ineffiziente Lernstrategien ausgelöst werden.

Neben praktischen Tipps wie guter Vorbereitung, Pausen, progressiver Muskelentspannung und der Vermeidung von Katastrophendenken kann in schweren Fällen eine Therapie, insbesondere die kognitive Verhaltenstherapie, helfen. Pflanzliche Heilmittel, Betablocker oder Benzodiazepine können ergänzend eingesetzt werden, sollten aber nur in Absprache mit einem Arzt verwendet werden. Entscheidend ist, individuelle Strategien zu finden, die die Angst reduzieren und die Leistungsfähigkeit stärken.

Quellen

AOK Gesundheitsmagazin. (2020). Prüfungsangst: Die 10 besten Tipps zur Überwindung. Abgerufen am 17. Januar 2025, von https://www.aok.de/pk/magazin/wohlbefinden/selbstbewusstsein/pruefungsangst-die-10-besten-tipps-zur-ueberwindung/

Barmer Internetredaktion. (2024, 6. Dezember). Prüfungsangst überwinden – diese Tipps helfen dabei. Barmer. Abgerufen am 24. Januar 2025, von https://www.barmer.de/gesundheit-verstehen/psyche/psychische-gesundheit/pruefungsangst-1124374#10_Tipps_So_lu00E4sst_sich_Pru00FCfungsangst_u00FCberwinden-1124374

Elmer, P. (2023, 9. Juni). Tabletten gegen Prüfungsangst: Welche Medikamente wirklich wirken. Captain Campus. https://at.captain-campus.com/campus-magazin/studieren/tabletten-gegen-pruefungsangst-was-wirkt-wirklich/

Holodynski, M. (2021). Prüfungsangst im Dorsch Lexikon der Psychologie. https://dorsch.hogrefe.com/stichwort/pruefungsangst

Jirjees, F., Odeh, M., Al-Haddad, A., Ass’ad, R., Hassanin, Y., Al-Obaidi, H., Kharaba, Z., Alfoteih, Y. & Alzoubi, K. H. (2024). Test anxiety and coping strategies among university students an exploratory study in the UAE. Scientific Reports, 14(1). https://doi.org/10.1038/s41598-024-59739-4

Kilian, S. (2018). Besser lernen in der Schule und zuhause – Tipps zu Ernährung und Organisation – kapiert.de. kapiert.de. https://www.kapiert.de/blog/besser-lernen-in-der-schule-und-zuhause-tipps-zu-ernaehrung-und-organisation/

Kuechenmeister, J. (2021, 11. Februar). Die 7 häufigsten Ursachen von Prüfungsangst. Jeannette Kuechenmeister Heilpraktikerin für Psychotherapie. https://jeannettekuechenmeister.de/2021/02/02/die-7-haeufigsten-ursachen-von-pruefungsangst/

Merkle, R. & Wolf, D. (2021). Ursachen der Prüfungsangst. PAL Praktisch Anwendbare Lebenshilfen. Abgerufen am 15. Januar 2025, von https://www.palverlag.de/pruefungsangst-kapitel3.html

Psychologische Studierendenberatung. (o. D.). Misserfolgserwartungen und Versagensangst. Abgerufen am 24. Januar 2025, von https://www.studierendenberatung.at/studienbewaeltigung/lernstoerungen-bewaeltigen/misserfolgserwartungen-und-versagensangst

Putwain, D. W., & von der Embse, N. P. (2020). Cognitive–behavioral intervention for test anxiety in adolescent students: do benefits extend to school-related wellbeing and clinical anxiety. Anxiety, Stress, & Coping, 34(1), 22–36. https://doi.org/10.1080/10615806.2020.1800656

Steinbach, M. (2022, 18. Mai). Baldrian. netDoktor. https://www.netdoktor.at/heilpflanzen/baldrian/

Wang, H. & Xianglian, Y. (2024). The influence of family upbringing on test anxiety of college students: The mediating role of perfectionism. Applied & Educational Psychology, 5(3). https://doi.org/10.23977/appep.2024.050314

Winkel, C. (2024, 5. Dezember). Prüfungsangst: 17 Tipps gegen Panik. Claudia Winkel. https://www.claudiawinkel.com/blog/17-tipps-gegen-pruefungsangst/#17_Tipps_So_laesst_sich_Pruefungsangst_ueberwinden

Zeit für Veränderung

Reißen wir die Mauern des Schweigens gemeinsam ein und schaffen eine inklusive Gesellschaft, in der psychische und physische Erkrankungen gleichermaßen akzeptiert und unterstützt werden.

Mag. Raphaela Vallon-Sattler
C.Mikes